1 - Haben wir übertriebene Sozialleistungen in Deutschland? [ID:186]
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Ja meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zum Vortrag, haben wir übertriebene

Sozialleistungen, gemeint sind natürlich Sozialleistungen in Deutschland und wie

Sie alle wissen, ist das ein Thema, was politisch von außerordentlicher Virulenz

ist und praktisch permanent auf der politischen Agenda steht. Und ich will

mich heute Abend etwas kurz fassen und möchte Ihnen prägnant und komprimiert

einiges dazu sagen, was man aus ökonomischer Perspektive hierzu sagen

muss. Zunächst, um welche Sozialleistungen geht es eigentlich? Man kann das

unterteilen in Leistungen für soziale Sicherheit und in Leistungen für soziale

Gerechtigkeit. Ich habe es in Anführungszeichen gesetzt. Soziale

Sicherheit, das wissen Sie alle, da geht es um die Sozialversicherung, um Renten,

Kranken, Pflegeversicherung und solche Dinge. Also Leistungen, die dazu gedacht

sind, zu verhindern, dass Einzelne in bestimmten Lebenslagen in Not kommen.

Versicherungskarakter steht hier klar im Vordergrund. Bei der sozialen

Gerechtigkeit ist es etwas anderes. Darunter fällt in erster Linie

Umverteilung der Einkommen und Vermögen mit dem Ziel, eine irgendwie geartete

gleichmäßigere Einkommens- und Vermögensverteilung herzustellen.

Das wird üblicherweise getan durch Steuern, progressive Steuern oder

Transferzahlungen. Beispiele für Leistungen in diesem Bereich, ja Sozialhilfe,

Kindergeld, Vermögensbildung, ja bei der Sozialhilfe, das ist so etwas ein

Zwitter. Aber nur, um Ihnen hier mal einige Beispiele zu nennen. Das

Wohngeld wäre sicherlich auch so ein Beispiel. Von der Finanzierungseite her

soll idealtypisch soziale Sicherheit weitgehend beitragsfinanziert sein.

Prinzip Leistung gegen Gegenleistung. Versicherungsbeiträge in der

gesetzlichen Sozialversicherung gegen Leistungen im Falle des Falles.

Krankheit, Rente. Soziale Gerechtigkeit weitgehend steuerfinanziert. Ich sagte

es schon über das Steuer- und Transfersystem. Wir haben in Deutschland

klar ein Grundgesetz verankert, das Sozialstaatsgebot. Das gilt für heutige

Industriestaaten im Prinzip allgemein. Es sind diese Länder in der einen oder

anderen Form. Alle Sozialstaaten, allerdings mit unterschiedlicher

Ausprägung. Der Umfang der sozialstaatlichen Aktivität variiert

erheblich. Als Extrembeispiele habe ich Ihnen die USA oder Schweden hier

angeführt. Mit wenig bzw. viel Sozialstaat.

Nun ist es gegenwärtig so, dass der Sozialstaat in die Kritik geraten ist.

Einige Stichworte. Immer höhere Sozialabgaben erhöhen die Lohnnebenkosten.

Das bezieht sich vor allen Dingen auf den Bereich Sozialversicherung. Soziale

Leistungen, denken Sie an die Krankenversicherung oder an die Rentenversicherung,

werden gleichzeitig gekürzt. Die Leistungen der gesetzlichen

Krankenversicherung sind in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten

mehrfach gekürzt worden. Renten sind nicht absolut gekürzt worden, aber die

Zuwächse sind geringer geworden. Und das ist etwas, was die große Mehrheit in der

Bevölkerung nicht versteht, wenn einerseits die Abgabenlast steigt und

andererseits das Leistungsniveau zurückgeht. Ein weiteres Stichwort

Missbrauch von Sozialleistungen. Da wird viel darüber diskutiert, wie gravierend

das Problem ist, ist schwer zu sagen. Ich will mich auch an weiteren Spekulationen

hier nicht beteiligen. Letzter Punkt. Arbeitsanreize werden reduziert, wenn

zusätzliche Einkommen zu hoch besteuert werden. Ich bin froh, dass ich für diesen

Vortrag hier kein Hurra bekomme. Ich muss es nicht versteuern.

Welch wunderbare Situation. Nun, fragen wir uns mal, welches Niveau

sozialer Leistungen ist eigentlich angemessen. Wenn wir von übertrieben oder

überzogen reden, müssen wir wissen, was ist angemessen.

Teil einer Videoserie :

Presenters

Prof. Dr. Richard Reichel Prof. Dr. Richard Reichel

Zugänglich über

Offener Zugang

Dauer

00:27:20 Min

Aufnahmedatum

2001-10-25

Hochgeladen am

2017-07-04 14:58:09

Sprache

de-DE

Deutschland nimmt unter den Industrieländern einen vorderen Platz bei der sozialstaatlichen Absicherung ein. Angesichts der Finanzierungsprobleme des Sozialstaats stellt sich aber die Frage, ob die Leistungen in der gegenwärtigen Höhe notwendig und sinnvoll sind bzw. wo Reformbedarf besteht. Es läßt sich festhalten, daß der Bedarf an sozialen Leistungen in Deutschland angesichts des hohen Pro-Kopf-Einkommens geringer ist als gegenwärtig angenommen wird. Des weiteren werden zahlreiche Sozialleistungen ineffizient erbracht. Eine private Absicherung würde demgegenüber einerseits mehr Wahlmöglichkeiten eröffnen, andererseits Kosten einsparen. Ein generelles Problem des staatlichen Sozialsystems ist die mangelnde Zielorientierung und die völlig undurchsichtigen Verteilungswirkungen. Reformen in diesem Bereich könnten einerseits zu Leistungsverbesserungen für wirklich Bedürftige, andererseits zu Kosteneinsparungen führen.

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Sozialleistung Deutschland Collegium Alexandrinum Reichel
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